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Konsumverein Konsumverein

Konsumverein Wohlfahrt (1914-1916)

Der „Rote Konsum“ an der Königsallee ist eines der letzten steinernen Zeugnisse der Bochumer Arbeiterbewegung. Jahrzehntelang diente der Gebäudekomplex als Ausgangspunkt für ein umfangreiches Vertriebsstellennetz, das die Arbeiter und Bergleute in Bochum und Umgebung mit billigen Lebensmitteln und Haushaltswaren versorgte: man wollte durch die Selbstorganisation des Ein- und Verkaufs die Abhängigkeit der Arbeitnehmerschaft von Krämer und Zechenkonsum abbauen und die Einkaufspreise senken.

Die ersten Konsumgenossenschaften entstanden im frühindustriellen England. Dort wurden auch die Grundsätze entwickelt, die später in die Statuten aller Konsumvereine übernommen werden sollten: offene Mitgliedschaft, demokratische Verwaltung („ein Mann - eine Stimme“), politische und religiöse Neutralität und die Verteilung der erwirtschafteten Überschüsse an die Mitglieder. In Deutschland kam es in der Mitte des 19. Jahrhunderts zu den ersten Gründungen von Konsumgenossenschaften, die zu dieser Zeit allerdings noch mittelständisch geprägt waren. Spätestens ab den 1890er Jahren entwickelte sich die Konsumvereinsbewegung zu einer hauptsächlich von Arbeitern getragenen Angelegenheit.

Die Konsumverein Wohlfahrt GmbH Bochum entstand am 1. April 1912 durch die Fusion der Konsumvereine „Wohlfahrt für Weitmar, Stiepel und Umgegend“ (gegr. 1902) und „Bochum und Umgegend“ (gegr. 1903). 1914-1916 bauten die knapp 11.000 Mitglieder im Hunscheidtsfeld ein fast 100 Meter breites Lager- und Betriebsgebäude mit Bäckerei und Limonadenfabrik sowie eine Verwaltungsgebäude nach Plänen des wohl bekanntesten Bochumer Architekten Heinrich Schmiedeknecht, der in Bochum u. a. auch die Hauptveraltung der Bogestra, diverse Gebäude der Schlegel-Brauerei sowie zahlreiche Wohn- und Geschäftshäuser entwarf. Die Anbindung geschah über einen eigens angelegten Gleisanschluss und über die Königsallee, die nun über das Ehrenfeld hinaus verlängert wurde. 1919 entstand neben dem Verwaltungsgebäude an der Königsallee 166-176 ein Wohnblock mit Dienstwohnungen, dem als letzter Bauteil 1927 noch das Ladengebäude links vom Eingang folgte.

Die wirtschaftliche Entwicklung des Bochumer Konsumvereins, der schon vor dem 1. Weltkrieg einen Jahresumsatz von 4 Millionen Mark hatte, erlebte während der Weimarer Republik einen enormen Aufschwung. Durch die Angliederung vieler kleiner Vereine wuchs die Zahl der Mitglieder bis 1925 auf fast 38.000, die in 113 Vertriebsstellen Waren einkaufen konnten. Ende der 1920er Jahre war die Konzentration der Konsumvereine abgeschlossen. Neben dem „Konsumverein Wohlfahrt“ existierten in Bochum nur noch zwei andere Genossenschaften.

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wurden die Konsumvereine „gleichgeschaltet“ und in das Gemeinschaftswerk der Deutschen Arbeitsfront überführt. An den Widerstand zweier 1936 hingerichteter Mitglieder erinnert heute eine Gedenktafel im Verwaltungsgebäude.

Nach dem 2. Weltkrieg wurde der Konsumverein neu gegründet und 1962 von der Konsumgenossenschaft Dortmund-Hamm übernommen. Diese wurde dann 1969 in die COOP Dortmund Konsumgenossenschaft überführt, woraufhin viele Verkaufsstellen schließen mussten und auch die alte Zentrale ihre Funktion verlor.

Heute befindet sich in dem unter Denkmalschutz stehenden Gebäudekomplex der Hauptsitz der G DATA Software AG. Die G DATA Software AG hat das Gelände 2014 gekauft, aufwendig umgebaut (natürlich unter Beachtung des Denkmalschutzes) und nutzt das 4.500 Quadratmeter große Areal – heute als „G DATA Campus“ bezeichnet – als Bürofläche.

Dietmar Bleidick


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